Atmosphärisches Konzert von Morcheeba und Support-Act Anna Aaron auf dem Domplatz Arlesheim – „Devils Music Before the Church“

Das ein Festival länderübergreifend, sprich neben Deutschland mit Frankreich und der Schweiz agiert, ist einer von vielen positiven Aspekten des Stimmen Festivals. Einer dieser Veranstaltungsorte ist seit ein paar Jahren der Domplatz Arlesheim. So traten am Freitag, 19. Juli 2019, die britische Trip Hop-Band Morcheeba und die Schweizer Sing- & Songwriterin Anna Aaron auf. Der idyllische Ort war gut besucht, aber es hätten noch mehr Fans das Konzert geniessen können. Wie bereits im letzten Jahr positionierte man die Bühne auf der gegenüberliegenden Seite vom Dom. Dies hat den Vorteil, da der Platz leicht bergab geht, dass die Fans einen besseren Blick auf die Bühne haben. Fotografisch gesehen war es jeweils ein Highlight die jeweiligen Bands (Bühne) mit dem Dom auf einem Bild zu verewigen. Wie üblich an solchen Konzerten wurden die Konzertbesucher beim Einlass kontrolliert. Dabei fiel mir eine groteske Szene auf. Ein Vater wollte mit seinem behinderten Sohn im Rollstuhl rein. Die Security wies Ihn in einem angenehmen Tonfall darauf hin, dass es einen speziellen Einlass für Rollstuhlfahrer mit der(n) jeweiligen Begleitperson(en) gibt. Darüber tickte der Vater regelrecht aus und schrie herum. Sorry, das geht nun gar nicht mein lieber Herr, dass Sie gleich ausrasten. Die Festivalverantwortlichen stellten eine erhöhte Plattform für Menschen mit einer Behinderung mit einer ausgezeichneten Sicht zur Bühne auf und Sie enervieren sich derart darüber nicht beim Haupteingang reingelassen zu werden. Bitte denken Sie das nächste Mal nach wie Ihr Verhalten auf die umstehenden Personen wirkt bevor Sie losschreien!

Fast mit dem letzten Glockenschlag um 20:00 Uhr stellte Festivalleiter Markus Muffler die Künstler vor und bedankte sich bei der Stadt Lörrach und den Behörden von Arlesheim über die Gastfreundschaft. Es ist ja auch wunderbar, wenn man auf dem Weg zum Festival in einem hinter Bäumen versteckten Garten (nach Skye Edwards: „pretty weird garden“) das Einsingen von Skye Edwards vernimmt. Zurück zur ersten Künstlerin an diesem Abend – Anna Aaron. Mit einem extravaganten Outfit, fast komplett in silbrig-weiss gekleidet mit Schleier, betrat die Basler Künstlerin die Bühne. Als Sie vor Ihrem Instrument, einem Synthie, stand, hob Sie anmutig den Schleier um in eine Art Gebetspose über zu gehen. So speziell Ihr Auftritt war auch Ihre Musik. Die von Sophie Hunger „gepushte“ Sing- & Songwriterin hat nur stellenweise noch mit der Anna Aaron anno 2011 zu tun. Aus dem Folk-Pop ist der Einfluss an Elektro mit dem aktuellen Album Pallas Dreams (V.Ö.: Januar 2019) ausgeprägter denn je. Was blieb sind die sehr experimentellen Lieder. Passend zum Domplatz hörte man sakraler, feenhafter Gesang (erinnerte an die Band Clannad), der bis zu einem Schrei gipfeln konnte. Musikalisch war neben Elektro, Drum & Bass, Folk gar Punk auszumachen. Sie spielte 45 Minuten. Konzertstimmung war in den vorderen Reihen mit ein paar Juchzer auszumachen, aber bis zu den „wichtigen“ Gästen im umgebauten britischen Bus kam es nicht. Ich nervte mich hierbei mal wieder an quatschenden „Musikliebhabern“ an Konzerten.

Eine ganz andere Atmosphäre herrschte beim Headliner. Die britische Trip Hop-Band Morcheeba begann mit der ruhigen Nummer Never Undo vom aktuellen Album Blaze Away (2018). Gewohnt stylish mit scheu anmutenden Blicken Richtung Publikum und Ihren teils lasziven bis hüpfenden Bewegungen versprühte Sängerin Skye Edwards viel Sex Appeal. Im Gegensatz zum Support-Act (weisses-silbriges Outfit) trat Sie in Schwarz inklusive Flamenco-Hut auf. Einzig Ihre rosafarbenen Heels, auf die Sie im Verlauf des Konzertabends detailliert zu sprechen kam, standen dazu im Kontrast. Wow, Sie kann es tragen und es steht Ihr gut! Da Paul Godfrey 2014 ausstieg ist aus dem Trio ein Duo geworden. Es verblieb Gitarrist Ross Godfrey. Live werden die Beiden durch Bassist Steve Gordon, Keyboarder Ben Cowen und Drummer Jaega McKenna-Gordon unterstützt. Der Eindruck wie gut die Band harmoniert und zusammenspielt kommt nicht von ungefähr. So ist Gordon der Ehemann von Edwards und Ihr Sohn der Schlagzeuger – „family music business“. Frontfrau Sky Edwards ist der Aktivposten innerhalb der Band, aber Ross Godfrey konnte, neben dem schönen Gitarrenspiel, mit ein paar lustigen Äusserungen beim Publikum punkten und für Lacher sorgen. Seine Sicht zum Dom liess Ihn zur Aussage hinreissen: „It feels strange – devil‘s music before the church – sorry Jesus“.

Ganz und gar nicht teuflische Musik der Londoner hörte man während rund 100 Minuten, inklusive einer 4 minütigen Pause vor dem Zugabe-Block und einer kleinen technischen Panne ausgerechnet beim Lied namens Slow Down. Drei Lieder stammten vom aktuellen Album, dabei stach passend zum Sommerabend in Arlesheim It’s Summertime heraus. Relaxt schunkelte die Mehrheit des Ü40-Publikums mit. Langweilig wurde es nicht, aber teils plätscherten die Lieder so vorbei ohne einen grösseren Eindruck zu hinterlassen. Mit David Bowie’s Let’s Dance (obwohl die Fans tanzten, ziehe ich das Original vor) kehrte die gute anfängliche Stimmung zurück und wurde mit jedem Song bis zum Ende besser. Den Zenit an Stimmung erreichte man mit dem Mega-Hit Rome Wasn't Built in a Day zum Ende der Show. Die Besucher tanzten, klatschen, sangen mit und genossen diesen gefühlt magischen Moment.

Bei Morcheeba stimmt das Gesamtpaket. Nebst dem Erzählten fand ich das Bühnenlicht richtig gut eingesetzt und dies obwohl die Sängerin oft, wenn Sie sich in der Nähe des Bühnenrandes aufhielt, nicht mehr von vorne erfasst wurde. Jedoch hatte diese erhaltene Silhouette von Ihr in der Kombination mit dem Hut etwas Cineastisches. Der Einsatz von drei Disco-Kugeln und deren Lichtreflexionen waren ebenfalls eindrucksvoll und ein grosser Beitrag in der Inszenierung Mir gefällt sowas enorm. Es war ein gutes Konzert und mein bisher bestes von Morcheeba, jedoch kommt es nicht an das Konzert von Skye & Ross (aufgrund von Namensrechten in dieser Zeit so benannt) im September 2016 in Augusta Raurica heran.

Setliste Morcheeba (Fr, 19.07.19, Domplatz Arlesheim, Stimmen Festival):

Never Undo, Friction, Never an Easy Way, Otherwise, Part of the Process, The Sea, World Looking in, Trigger Hippie, Blaze Away, Blood Like Lemonade, Slow Down, Let's Dance (David Bowie Cover), Blindfold, Let Me See

Bonus: It’s Summertime, Rome Wasn't Built in a Day

Photos/Text: Daniel Strub

Veranstalter: Stimmen Festival

Danke der Unterstützung: Tobias Pfleger