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Event Pics - Meh Suff Festival Tag 2 - 05.09.2015

Der Samstag beginnt mit alkoholbedingtem Tod. Nein, wir sprechen nicht vom Gemütszustand der Festivalbesucher nach der durchfeierten Nacht. Wir meinen die Nachwuchs-Death-Thrasher Alcohol Related Death aus St. Gallen. Das frische Quartett aus der Ostschweiz ist mit eigener lokalpatrotischer Unterstützung angereist und natürlich gibt es passend zum Namen jede Menge Bier-Jokes. Die Schweizer Quasi-Death-Metal-Variante der Deutschen Gerstensaft-Metaller Tankard machen ihre Sache keineswegs schlecht und lassen die Riffs und Solos von Gitarrenmann Fritz ordentlich krachen. Der witzig-sympathische Sänger Hannes growlt im Keller herum, daß es die wahre Freude ist und so macht sich vor der Bühne in den Gesichtern der langhaarigen Anwesenden ein amüsiert-dümmliches Grinsen breit. Alkohol und Metal waren schon immer eine gute Kombination.

Die junge Thrash-Metal-Band Petrol Patrol aus Lausanne in der französischen Schweiz sorgt für die erste echte Überraschung am Festival. Wer zunächst nur die fünf Jungs in rosa und weißen Shirts, Surferhosen und weißen Turnschuhen sieht und müde lächelt, wird im Laufe der nächsten 45 Minuten eines besseren belehrt. Petrol Patrol gehören mit Support-Gigs im Dunstkreis bekannter Bands wie Nuclear Assault und einer vielgepriesenen EP zu den aufstrebenden Newcomern im Schweizer Metal-Untergrund. Und das hat einen schlichten Grund: Sie sind sehr gut! Die Rhythmus-Sektion sorgt für ordentlichen Groove, die Gitarren liefern Riff-Bretter und vor allem Sänger Sanders hat einiges auf dem Kasten. Hut ab, Monsieurs!

Und "hola, cabrónes!" Nein, wir sind jetzt nicht unverschämt geworden, sondern zitieren hier nur Rottenness-Gitarrist Jaleel Castillo, der mit seiner mexikanischen Metal-Lebensfreude alle anwesenden Metalheads grinsend und headbangend begeistert. "Prost, Leute! Das heißt doch "Meh Suff" hier, oder? Also: Haut weg die Scheiße!" Spricht's und gibt nach einem ordentlichen Schluck aus der Tequila-Pulle und einer Nachspülung mit Red Bull mit dem nächsten Grindcore-Riffgewitter Vollgas. Und das ganz alleine, weder ein zweiter Gitarrist noch ein Bassist steht auf der Bühne am Waldrand. Der Mexikaner mit dem ausgewachsenen Irokesenschnitt ist das Energiebündel des Tages und die nur dreiköpfige Band eines der unumstrittenen Highlights des Tages. Reinrassiger Grindcore, dem der junge und eher zierliche Sänger Matthias eine ultra-brutale Stimme gibt. Nicht-musikalisches Highlight des Auftritts, vor allen Dingen in den vordersten Reihen: Die Hombres verteilen Tequila-Shots an ihre begeisterten Zuhörer, um am Ende die restliche Flasche in vertrauensvolle Hände zu geben. Das ist Heavy Metal!

Wo Rottenness sprühende Metal-Lebensfreude verbreiten, sind die dänischen Thrash-Veteranen von Artillery eher mit routinierter Gelassenheit am Start. Kein Wunder: Die Band hat abgesehen von Sänger Michael Dahl (seit 2013) mit Unterbrechungen weit mehr als 30 Jahre Bandgeschichte und sieben Alben auf dem Buckel. Inzwischen in Verehrung ergraut verbreiten die Herren um Gründer-Bruderpaar Stützer packende Metal-Vibes und punkten mit ihrem Untergrund-Kult-Status und dem jungen Sänger, der den Thrash-Riffs mit seiner Powermetal-Stimme einen frischen Dreh gibt. Obwohl um 17 Uhr auf dem Festival noch nicht sehr viel los ist, ist nach dem Auftritt bei Fans und Presse ehrfürchtige Begeisterung zu hören. Bei God Dethroned aus den Niederlanden wissen wohl nur echte Hardcore-Fans, wie der jeweils aktuelle, offizielle Bandstatus ist. Zweimal aufgelöst und wieder reaktiviert haben die Black-Deather um Bandleader Henri Sattler eine eher bewegte Geschichte hinter sich. Vielleicht muss man deshalb mit zwei gigantischen Petruskreuzen an den Bühnenseiten die eigene Identität stabilisieren? So bleibt der Auftritt der Holländer mit ihrem melodischen Mix aus Death- und Blackmetal dann auch gelungen, aber auch irgendwie blass. Nichts, woran man sich auch noch beim Meh Suff 2016 erinnern wird.

Equilibrium aus dem Bayrischen lösen da schon mehr Begeisterung aus, auch wenn die Schweizer Metalheads zunächst noch etwas reserviert sind. Kein Wunder, nach dem hervorragenden und feucht-fröhlichen ersten Festivaltag mag beim ein oder anderen Besucher noch ein Kater zur teils zurückhaltenden Mentalität der Eidgenossen hinzukommen. Die deutschen Pagan-Metaller bemühen sich mehr als redlich, Stimmung zu machen und ihr folkiger Metal ist dazu bestens geeignet. Die genau richtige Mischung aus harten Gitarren und Melodien sorgen dafür, daß die Stimmung im Publikum nach dem Auftritt deutlich gestiegen ist. Umso bedauerlicher, daß der gerade erst aufgeheizte Adrenalin-Spiegel der Meh-Suff-Metalheads direkt anschließend mit dem lahmsten Auftritt des Festivals unter den Gefrierpunkt gesenkt wird. Darkspace aus Bern wollen emotional berauschenden Ambient Black Metal liefern, der die Stimmung im Weltraum einfangen soll. Nun - im Weltall ist es arschkalt und todlangweilig, so viel steht fest. Und so gesehen passt das sphärische Riff-Geschwurbel, bei dem scheinbar jeder Ton unbedingt mindestens fünf Sekunden lang gehalten werden muss, zumindest ins Selbstkonzept der Band. An der überwiegenden Nicht- Reaktion des Publikums kann da auch die "gefährliche" Black-Metal-Corpsepaint und der eine oder andere kaum als solcher erkennbare Growl nicht viel ändern. Bei Kerzen mit Kopfhörern auf dem heimischen Sofa mag das funktionieren. Auf einer Festivalbühne, auf der gerade noch die Post abging und auf der sich nun kaum etwas im blauen Nebel regt, ist es eine ziemlich lahme Nummer!

Immerhin stehen für den Countdown des Festivals noch drei völlig unterschiedliche potentielle Kracher in den Startlöchern. Nummer Eins sind Kataklysm aus Kanada, die ebenfalls ein neues Album mit in die Schweiz gebracht haben.
"Of Ghosts And Gods" heißt das 13. Studioalbum der Franko-Kanadier und zeigt auch auf der Bühne das, was die Band ausmacht. Überquellende Todesmetall-Energie, die sich über die Jahre in melodischere Gefilde bewegt hat, aber Kataklysm nach wie vor (oder gerade deshalb) zu den erfolgreichsten Death Metal Bands da draußen macht. Nächstes Jahr feiert man das 25. Jubiläum - welche Band dieses Genres schafft es da noch in die Top 30 der deutschen Albumcharts? So ist der Platz vor der Bühne beim Headliner des Samstags brechend voll - viele Metalfreunde scheinen alleine für Kataklysm ans Meh Suff gekommen zu sein. Neben ganz neuen Songs wie 'The Black Sheep' oder 'The Serpent's Tongue' spielt die Bands eine ausgewogene Mischung von den Alben der letzten 15 Jahren. Ganz alte Klassiker finden sich nicht in der Setliste. Die Energie der Gruppe ist unbändig, ein echter Sound-Sturm entfesselt sich und das Publikum jubelt nach mehr. Zum Bedauern vieler gibt es leider keine Zugabe - immerhin stehen noch zwei weitere Bands auf dem Zeitplan.

Die erste davon ist Alcest um den 30-jährigen Stéphane Paut, der sich selbst nur Neige ("Schnee") nennt. Zumindest der Kunstname erinnert noch etwas an die Wurzeln im Blackmetal, die der Franzose spätestens mit dem letztjährigen Album "Shelter" total abgelegt hat. Inzwischen ist der Multi-Instrumentalist mit seinem Mix aus Shoegaze und Post-Rock bei Publikum und Presse erfolgreich und beliebt, wie man an den erstaunlich zahlreich verbliebenen Besuchern eindrucksvoll erkennen kann. Im Gegensatz zu Darkspace passt hier das blaue Bühnenlicht zu den melodisch-melancholischen Klangvorträgen, die sich wie eine kunstvolle Perlenkette aneinander reihen. Eine Perlenkette aus unterschiedlichen Perlen wohlgemerkt, denn Neige spielt mit seiner Band insgesamt neun Songs aller vier Alben. So sind dann bei 'Les Iris' vom Debütalbum noch deutlich mehr verzerrte Gitarren und Metal-Einflüsse zu erkennen als beim sieben Jahre jüngeren 'Opale' von "Shelter". Dennoch ist alles klar als Alcest zu erkennen und dem Publikum gefällts sehr. Neige kommt ruhig aber sympathisch rüber und der Applaus ist riesig und spricht für sich. Kein Wunder, die Setliste ist eine runde Sache mit viel Gefühl, Melodie und Einfallsreichtum.

Als Abschluss-Band hatten die Technical-Death-Metaller Hideous Divinity aus Rom eine anstrengende Anfahrt mit dem Bandbus auf sich genommen, um dennoch total begeistert vor dem Schweizer Publikum zu spielen. Wegen einem familiären Notfall nicht mit dem neuen Gitarristen Giovanni angereist, müssen die Signori zu viert ihren Mann stehen - womit sie nicht das kleinste Problem haben! Im Gegenteil: Sänger Enrico ist offensichtlich so richtig angepisst und entfesselt alleine die Power von drei Mann. Der studierte Phonologe hat nicht nur die Theorie zu seinem Fach, sondern auch die erforderliche Power, die auf der recht großen Bühne hervorragend zur Geltung kommt. Das mit rund 200 Mann zur fortgeschrittenen Stunde noch erstaunlich gut gefüllte Konzertgelände nimmt die authentische Leidenschaft der vier großartigen Musiker mit Begeisterung auf und so gibt's um fast zwei Uhr nachts nochmal richtig Action auf UND vor der Bühne. Die vier Jungs präsentieren ihre technisch anspruchsvollen Songs mit vielen Taktwechseln und derben Riffs von ihren zwei Film-Konzept-Alben mit mehr Biss als die meisten Bands der beiden vergangenen Festivaltage. Und so liegt mit 'As Fleshed Gospelled Pure Hate' sogar noch eine lautstark geforderte und mit symapthischer Bescheidenheit erfüllte Zugabe drin. Was für ein geiler Abschluß eines geilen und rundum gelungenen Festivals!


Text: Daniel Frick www.whiskey-soda.de

Bilder: Raphael Schib


 

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